Mittwoch, 23. Juni 2010

Worldleadership und Kunst auf der Toilette

Ich betrete das Regent Berlin. Hinter dem Desk adrett gekleideten Rezeptionistinnen mit blondierten Pferdeschwänzen. Vor der Tür fahren schwarze S-Klasse Hybrid Mercedes mit verdunkelten Rückbankfenstern und Frankfurter Nummer vor. Herren in dunkelblauen Anzügen steigen aus. Die Fahrer öffnen den Kofferraum, damit der Concierge an das Gepäck kann.Die Rezeptionistin reißt ihre blauen Augen auf (schöner Kontrast zu den Platinhaaren). Sie schüttelt den Kopf. "Nein, Noldes haben wir nicht im Hotel." Sie macht ein Gesicht als höre sie den Namen Nolde zum ersten Mal, ein abseitiger norddeutscher Maler des frühen 20. Jahrhunderts, naja. Sie fasst sich. Sie plappert drauflos (ok, an dieser Stelle bin ich ein klitzekleines bisschen frauenfeindlich. Schreiben Sie mir, wenn Sie wollen). "Sie können unser Special erwerben, eine Suite für zwei Nächte, einen Besuch in der Nolde Stiftung Seebühl und zwei Tage die Benutzung eines Bentleys inklusive Picknickkorb, einer Flasche Champagner für 2500 Euro." Ich schüttle den Kopf. Ich zucke mit den Schultern. Was soll ich mit einem Bentley? Ich will Nolde! Enttäuscht gehe ich an den in der Halle herumstehenden Teilnehmern der Deutsche Bank Conference on Global Leadership vorbei. (War es nicht die Deutsche Bank, die Übernahmegerüchte entgültig zum Schweigen gebracht hat, indem sie riesige Bündel Subprime Papiere kurz vor der Finanzkriese an andere verkauft hatte?) Ich betrete die Toilettenräume. Ja, es sind RÄUME! Ein Foyer, ein Vorraum, die Toilettenkabinen, alle gediegen ausgestattet wie die Halle (Holztäfelung, Stuckdecke etc.) Ich zucke zurück. An den Wänden hängen handkolorierte Stiche des 18. Jahrhundert, die Ansichten Deutscher Landschaften. Ich vergesse, weshalb ich die Räumlichkeiten aufsuche. Ich schaue mir die Landschaftsbilder an. Sie sind sehenswert, Kleinode. Landschaften, die vielleicht englische Reisende auf ihrer Grand Tour gesehen haben. Also, wenn Sie das Regent besuchen, unbedingt die Toilettenräume aufsuchen! Es lohnt sich.

Hotel Regent Berlin
Charlottenstr. 49
10117 Berlin
www.theregentberlin.com

Joas Sebastian Nebe

3 Kommentare:

Jens hat gesagt…

..und welche Relevanz genau haben nun Haar- und Augenfarbe der Hotelmitarbeiterin, solange sie einem 5-Sterne Haus angemessen- "adrett" war?? Dass die Gäste aus Hybrid-Autos steigen spricht ja durchaus für deren Umweltverständnis. Ich finde den Beitrag ehrlich gesagt nicht frauenfeindlich sondern (gelinde gesagt) unsachlich und etwas inhaltslos. Wobei der Hinweis auf die luxuriösen Badezimmer ganz dienlich ist. Danke dafür.

André Debus hat gesagt…

Sie hat doch Augen- und Haarfarbe? Die kann man genauso beschreiben wie alles andere. Vielleicht einen Ziegelstein vor dem Haus. Oder einem nichtvorhandenen Nolde. Wobei man tatsächlich vielen Hotels vorwerfen kann dass sie keinen Nolde besitzen.

Es gibt da ein nettes Buch: "Chromophobie" von David Batchelor. Er beschreibt darin neben Anderem auch Literatur die ganz bewusst die Texte mit Farben unterlegt. So ein Buch, welches weitestgehend nur die Farben weiss, schwarz und grau als Farbbeschreibungen angibt. Nur als ein Protagonist einen Drogenrausch erlebt werden alle Gegenstände nun in auffälligen Farben beschrieben. So schiebt sich ein farbiges - rauschhaftes Kapitel zwischen lauter farblos - grau erscheinende Kapitel. Ein wunderbares literarisches Werkzeug.

Diese nebensächliche Beschreibung macht mir die Situation plastisch. Plötzlich ist eine Information in Farbe getaucht. Finde ich prima.

Tatsächlich aber sind wir kein Literaturblog. Und ich bin kein Literat. Und der wesentliche Tipp ist die Toiletten aufzusuchen. Ist doch auch was.

E. hat gesagt…

Ihr alle drei habt mir meinen Morgenkaffee versüsst, jeder auf seine Art! :))