Sonntag, 16. Mai 2010

Eva Bertram, 2 Ein Kind - eine Lolita-Versuchsanordnung

Eva Bertram zeigt Mittelformatfotos ihrer blonden Tochter. Bunt durcheinander gehen gestellte häusliche Szenen, Porträts der verkleideten Tochter und Puppenhausbilder, die auf mittlerer Höhe, mal höher, mal niedriger an der Wand hängen. Die Tochter mit aufmerksamen, wachen Blick fordert den erwachsenen Betrachter heraus. Die Fotografin spielt mit der erwachenden Weiblichkeit des Kindes, wenn sie dem Mädchen ein Make Up verpasst und eine schwarze Perücke aufsetzt oder sie in Stoffen mit orientalischen Mustern drapiert und in der Schaumwanne fotografiert. Hier ist Eva Bertram die Meisterschülerin Klaukes, der Geschlechterbilder durch Verkleidung dekonstruiert. Bertram - anders als Klauke - zeigt uns, was wir spätestens seit Nabokovs "Lolita" wissen, dass in weiblichen Teenagern bereits kleine Verführerinnen angelegt sind, egal ob als Projektion männlicher Fantasien oder in der Realität.
Daneben enthalten die Fotos einen Rest Wirkung, den die Fotografin nicht genug beachtet hat oder mit dem sie fahrlässig umgeht, die Entblößung. Bertram stellt ihre Tochter in ihrer Verletzlichkeit den Blicken der Besucher aus, wenn sie sie verkleidet oder halbnackt posieren lässt. Indem Bertram das Mädchen so den Blicken der (männlichen und weiblichen) Betrachter aussetzt, wiederholt sie, was sie eigentlich analysieren will, die Projektion von Weiblichkeit auf das weibliche Kind.

Zone B, Gallery of Contemporary Art
Eva Bertram: 2 Ein Kind
Brunnenstraße 149
10115 Berlin
7.5.2010-20.7.2010

Joas Sebastian Nebe

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