Dienstag, 14. Dezember 2010

Erasmus in Budapest WS 2010

Wenn in Bezug auf Kunst und Kultur an Ungarn gedacht wird, dann denkt man vielleicht an Musik mit ihren wohl wichtigsten Vertretern Franz Liszt und Bela Bartok. Um nicht zu vergessen die Folklore- und Zigeunermusik.

Doch auch in der Bildenden Kunst hat es in jüngerer Vergangenheit internationale Größen gegeben: Laszlo Moholy Nagy (1895- 1946) mit großem Einfluss auf die Bauhaus-Ära und Viktor Vasarely (1906- 1997) Ton- angebend in der Op- Art und in der Kinetik.


Es geschieht ebenso heute viel in der zeitgenössischen Kunstszene, wenn diese sich auch unentwegt einem vorherrschenden Akademismus behaupten muss. So war jüngst in einem deutschen Zeitungsartikel vom „Neuen Berlin des Ostens“ die Rede, da Ungarn im kleinen aber umkämpften Kunstmarkt Ost-Europas mächtig Gas gäbe.

Und dennoch wird man in Budapests schönen Straßen selten eine Galerie entdecken, in deren Schaufenster keine dieser Staffeleien stehen um es selbst dümmsten Banausen klar zu machen, dass hier echte Kunst verkauft wird. Gott sei dank begrüßen einen auch Galerien anderer Art. Seit einigen Jahren findet hier selbst eine kleine „Art- Fair“ regelmäßig statt.


Die Akademie „Magyar Kepzömüvezeti Egyetem“ befindet sich im Herzen der Stadt, auf der Pest- Seite in der Adrassy ut. Das Hauptgebäude wurde 1876 erbaut. Dort sind Verwaltung, einige Klassen und Werkstätten und der Theoretische Zweig untergebracht.

Das obligatorischen Akt- Zeichnen mit langjähriger Tradition durch „Barcsay“ (vergleichbar mit Gottfried Bammes in Deutschland) findet ebenso hier statt. Zwei U- Bahnstationen weiter liegt der „Epreskert“, der sogenannte Erdbeer- Garten, in dessen märchenhaften Park die Ateliers in stattlich- alten Häusern eingerichtet sind.


Dorthin fuhr ich also jeden Morgen mit der zweitältesten U- Bahnlinie der Welt um da zu arbeiten. Es war wenig Platz. Manch ein Student bevorzugte den Korridor. Ich war mit meinen 2 qm, ohne wirkliche Wandfläche nicht immer glücklich, empfand die Atmosphäre in diesen Gemäuern dennoch inspirierend, - ebenso den Austausch mit Kommilitonen und Professoren. In dieser Zeit arbeitete ich vorwiegend an kleineren Formaten.

Im Allgemeinen ist die Diskrepanz der Positionen- von traditionellakademisch bis „trash-boom-bang“ - recht gewaltig. Jedenfalls empfand ich eine aufgeladene Spannung unter den Kunstschaffenden. Da prallten Welten aufeinander, vereint unter dem Dach des Erdbeergartens….


Ich werde Budapest, die bitter-süße Stadt mit ihrem betäubenden Duft scheinbar unvereinbarer Gegensätze, vermissen. Auch Istvan, den Pförtner.

Tobias Stutz schrieb diesen Bericht aus Budapest über sein Erasmus Austauschsemester in Budapest.

1 Kommentar:

André Debus hat gesagt…

Budapest ist eine herrliche Stadt!

Vielen Dank für den schönen Artikel, Tobias.