Mittwoch, 11. Mai 2011

Michael Dietlinger

Für Kurzentschlossene: Heute ist die Eröffnung der Ausstellung von Michael Dietlinger in der Galerie der Bildenden Kunst in Cheb. Ich wurde gebeten einen Text für das Faltblatt zu schreiben, welches im Rahmen der Ausstellung erscheint.

Was Männer tun müssen


Als er 2005 an die Akademie der Bildenden Künste nach Nürnberg kam, war von Beginn an eines klar – Michael Dietlinger ist ein Macho. Der maskuline Oberpfälzer mit dem charmanten Dialekt und der markanten Lache brachte erste Bilder in die Besprechungen der Klasse Angermann: Ausschnitte von E-Gitarren und Verstärkern. Polizisten. Fußballfans.

Bald entdeckte er den japanischen Holzschnitt für sich. Doch sattelte er nun nicht etwa auf Apfelblüten um. Nein, weiterhin bevölkern Symbole der Männlichkeit seine Bilder: Bierflaschen. Siphons. Boxautos. Schlagringe. Wenn denn mal ein Schwan auftaucht, so ist er blauviolett eingefärbt.


Männer müssen eben tun was sie tun müssen. Polizisten schießen auf Übungsschießplätzen. Angler sind auf dem Weg zum Angeln. Gartenbesitzer tragen Laubgebläse. Fußballspieler stürzen und stehen wieder auf. Und Michael Dietlinger macht daraus Kunst. Die Untertitel seiner Bilder sind lesenswert. Men at work zeigt Papst Benedikt XVI als dubiosen Magier. God loves green amplifier zeigt – na – eben einen grünen Verstärker.

Die letzten Jahre reduzierte er seine Bilder. Weniger Farben. Weniger Formen. Mehr Weiß. Geradlinige Linolschnitte ersetzen zunehmend die lyrischeren japanischen Holzdrucke. Urbaner Enzyklopädismus macht sich breit. Abfalleimer. Hydranten. Das beste Bild der Welt ist ein Briefkasten. Der Sensenmann sieht aus wie der Stadtgärtner. Sex gibt es in Leder und Latex.



Nie hat Michael Dietlinger etwas vortäuschen wollen, was er nicht ist. Nie wollte er alte Meister malen. Oder minimalistische Konzeptkunst unters Volk bringen. Die Handschrift seiner ersten Bilder ist bis heute konstant geblieben. Eine Handschrift, die der Erzählung untergeordnet ist. Hier bemerkt man den Einfluss seines Professors Peter Angermann, der als eine der Leitfiguren des Neoexpressionismus gilt.¹

Bereits seine frühen Ölbilder legten grafische Lösungen nahe. Es ist daher nicht verwunderlich, dass der Künstler sich mittlerweile auf grafische Techniken konzentriert. Seine Arbeitsweise dabei ist sowohl ökonomisch, als auch manisch. So entsteht eine Vielzahl an Blättern, die allerdings alle eine thematische Klammer eint. Als Grundlage dienen Michael Dietlinger eigene Fotografien, aber auch gefundene Abbildungen aus Zeitschriften oder dem Internet. So, wie die Enzyklopädisten des 18. Jahrhunderts, scheint er das Gedächtnis einer Gesellschaft zusammentragen zu wollen, nur eben nicht in Form von Worten und Wissen, sondern in Bildern. Freilich liegt der Filter seiner Persönlichkeit über der Auswahl.

Exemplarisch für diese Herangehensweise steht ein Holzschnitt aus dem Jahre 2006: Das Bild trägt den Titel Gombrich. Dieser Name steht für ein etabliertes Geschichtsbuch, welches die Abläufe der europäischen Kunstgeschichte in elegantem Texte nachzeichnet.² Das Buch wurde vom Kunsthistoriker Ernst Gombrich geschrieben und hat sich, wie auch einige andere unersetzbare Standardwerke, unter dem Namen seines Urhebers im allgemeinen Sprachgebrauch eingebürgert. Michael Dietlinger reduziert die Darstellung auf die Abbildung des Buchcovers. So wird die Darstellung zu einem raffinierten Kommentar zur abendländischen Kunstgeschichte. Es gibt noch einen interessanten Hintergrund zu diesem Bild. Ein Studienkollege der Klasse Angermann, der beliebte Comedian Matthias Egersdörfer, arbeitete zeitgleich an einem Konzept, nach welchem er alle Abbildungen des Gombrichs auf Karteikarten nachzeichnete. Dabei bediente er sich einer ihm eigenen ironischen Überzeichnung. Natürlich war diese Arbeit Dietlinger bekannt. Sein Druck ist somit auch als eine Zuspitzung der Arbeit seines Kommilitonen zu verstehen.


Auffällig ist auch ein Linolschnitt aus dem Jahre 2011: Zum Glück habe ich durchdacht. Offensichtlich auf einem Linolreststück ist ein Portrait Joseph Beuys’ zu sehen. Diese einzige direkte Hommage an einen Künstler in Michael Dietlingers Arbeiten ist sicher kein Zufall. Man sollte dazu wissen, dass sein Professor Peter Angermann seinerseits bei Beuys in Düsseldorf studiert hat. So könnte man Michael Dietlinger als einen Enkelschüler Beuys bezeichnen. Natürlich erzählte Peter Angermann seinen Studenten viele Anekdoten aus seiner Düsseldorfer Zeit. Diese Geschichten handelten sowohl von Beuys‘ charismatischer Persönlichkeit, als auch von seinen durchaus schwächeren Seiten. Der Zwiespalt, in welchem Peter Angermann seinem ehemaligen Lehrmeister gegenübersteht, ist auch dem Linolschnitt Michael Dietlingers deutlich anzusehen.


Auch andere Bilder zeigen markante männliche Heroen, so der Linolschnitt Dave – Michelangelos David aus der touristischen Froschperspektive. Außergewöhnliche Persönlichkeiten wie der Politiker Helmut Schmidt kommen genauso zur Darstellung wie der bayerische Märchenkönig Ludwig II. Doch auch ein tragisch-clownesker Straßenmusikant scheint der Darstellung wert. Alle diese Figuren scheinen eine gewisse Vorbildfunktion für den Künstler zu haben oder ihm doch zumindest einige Bewunderung abzunötigen.


Michael Dietlinger zeichnete sich von Beginn an durch ein vielfältiges Engagement aus, welches weit über seine eigene künstlerische Arbeit hinausging. Ein großes Herz hat er vor allem auch für seine Kollegen und deren Kunst. So gründete er bereits kurz nach Beginn seines Studiums einen Kunstverein, der die Förderung junger Künstler und Absolventen in Form von Einzelausstellungen vorsah. Das Kunstforum hase&moos e.V. führte er zunächst mit seiner Frau Katharina und einigen weiteren Studenten. 2007 fanden einige Ausstellungen im Foyer der gemeinsamen Wohnung statt.

Fernerhin sollte man auch seine anderen Aktivitäten honorieren. So ist er als Musiker und Comedian tätig. Er komponiert eigene Stücke mit oberpfälzischem Humor und hat bereits eine Reihe bemerkenswerter Auftritte absolviert. „Everything is possible, if you want“ scheint ein Lebensmotiv Dietlingers zu sein, das sich durch seinen Lebenslauf zieht. Ein Zauderer ist er bestimmt nicht.

Zum Schluss möchten wir noch erwähnen, dass Michael Dietlinger zahlreiche Verbindungen zu Tschechien hat, sowohl im Bereich seiner Arbeit und seines Studiums, als auch durch persönliche Freundschaften. Bereits vor einigen Jahren war er Teilnehmer des internationalen Linolschnitt-Symposiums auf der Burg Klenová. Im Jahr 2010 wurde er als Repräsentant der Nürnberger Kunstakademie bei START POINT ausgewählt, einer Schau der besten Diplomarbeiten europäischer Kunsthochschulen; die in der Galerie der Mittelböhmischen Region in Kuttenberg / Kutná Hora stattfand. Und ein Semester seines Studiums verbrachte er an Nürnbergs Partnerakademie im Prag im Atelier von Professor Lindovský.

¹ Julian Spalding: The Eclipse of Art: Tackling the Crisis in Art Today
² Ernst Gombrich: Die Geschichte der Kunst

Und für unsere tschechischen Leser noch mal in tschechisch:

Co musí dělat muži


Už když v roce 2005 přišel na norimberskou akademii, jedno bylo jasné: Michael Dietlinger je mačo. Maskulinní typ s šarmantním hornofalckým dialektem a halasným smíchem. Tehdy přinesl své obrazy na pohovor do ateliéru Petera Angermanna: Výřezy elektrických kytar a zesilovačů. Policisty. Fotbalové fanoušky.

Brzy si objevil japonský dřevořez, kvetoucí jabloně však nikdy nemaloval. Vůbec ne, i nadále se v jeho obrazech objevovaly symboly mužnosti: Pivní láhve. Odpadové sifony. Autíčka z pouťových atrakcí. Boxery. Když už se objevila labuť, měla podivné modrofialové zbarvení.

Muži na jeho grafikách konají právě to, co konat musí. Policisté střílí na terč na policejní střelnici. Rybáři jdou na ryby. Majitelé zahrad si nesou své vysavače na listí. Fotbalisté padají a zase vstávají. A Michael Dietlinger z toho všeho dělá umění.

Obzvláštní pozornost si zaslouží názvy jeho grafik. Man at work představuje papeže Benedikta XVI. jako nějakého pochybného mága. God loves green amplifier zase, jak jinak, zelený zesilovač. V posledních letech svůj obrazový svět výrazně oprostil. Méně barev. Méně forem. Více bílé. Lyrické japonské dřevoryty postupně nahradily přímočaré linoryty. I nadále v nich rozvíjí svůj urbánní encyklopedismus. Koše na odpadky. Hydranty. Na Nejlepším obraze světa je poštovní schránka. Smrťák s kosou vypadá jako zahradník. Sex se tu odehrává v kůži a latexu.

Michael Dietlinger si ve svém umění na nic nehraje. Nikdy nechtěl malovat jako staří mistři nebo šířit mezi prostým lidem minimalistický konceptualismus. Rukopis jeho grafik zůstal až dodnes stejný. Je to rukopis, který je podřízen vyprávění. Zde si povšimněme vlivu jeho profesora Petera Angermanna, jedné z vedoucích figur neoexpresionismu. ¹ Už rané oleje v sobě mají něco z grafiky. Není proto divu, že se pak soustředil takřka výhradně na ni. Jeho pracovní metoda je jak ekonomická, tak i manická. Vytváří velké množství listů, ovšem spojených tematickou svorkou. Jejich východis kemjsou vlastní fotografie, ale také obrázky z časopisů nebo internetu. Podobně jako encyklopedisté 18. století vytváří paměť naší společnosti, ovšem nikoliv slovy a věděním, nýbrž obrazy. Výběr motivů je samozřejmě přefiltrován jeho osobností.

Exemplárním příkladem tohoto přístupu je dřevořez Gombrich z roku 2006. Název odkazuje k známé knize, která elegantní formou popisuje vývoj evropských dějin umění.² Byla napsána historikem umění Ernstem Gombrichem a podobně jako jiná výjimečná díla se stala standardem své disciplíny. Pod názvem Gombrich si dnes každý okamžitě představí právě tuto knihu. Ditelingerova grafika s její obálkou, na níž ponechal čitelné jen jméno autora, je vlastně rafinovaným komentářem k západním dějinám umění. K této práci však existuje zajímavé pozadí. Kolega z Angermannova ateliéru (a zároveň jeden z nejpopulárnějších německých kabaretiérů) Matthias Egersdörfer pracoval ve stejné době na konceptuální práci, kdy všechna vyobrazení v Gombrichovi překreslil se sobě vlastní ironickou jízlivostí na kartotéční lístky. Dietlinger, který tuto práci samozřejmě dobře znal, tu tedy vytvořil i jakýsi komentář k práci svého kolegy.

Pozoruhodný je linoryt z roku 2011 Naštěstí jsem to promyslel, kde do fragmentu linolea nepravidelného tvaru vyryl portrét Josepha Beuyse. Tato v Dietlingerově práci ojedinělá pocta jinému umělci není samozřejmě náhodná. Jeho profesor Peter Angermann byl svého času Beuysovým žákem a svým žákům přirozeně vyprávěl mnoho anekdot ze svých düsseldorfských studií. Osobnost velkého umělce v nich vystupuje nejen v lesku svého charismatu, ale též v jeho negativních rysech. Tuto ambivalenci lze zřetelně rozpoznat i v linorytu Michaela Dietlingera.

Také další grafické listy představují výrazné mužské hrdiny. Tak např. Dave je Michelangelův David, zobrazen z žabí turistické perspektivy. Najdeme tu významné osobnosti jako politika Helmuta Schmidta nebo bavorského pohádkového krále Ludwiga II., ale za zobrazení mu stojí i pouliční hudebník. Zdá se, že všechny tyto figurky tu zastupují určité typické vzory nebo si přinejmenším získali Dietlingerův obdiv a zájem.

Dalším význačným autorovým rysem je mnohostranné angažmá, které jde daleko za jeho výtvarnou práci. Michael je nezištným pomocníkem svých přátel a podporovatelem jejich uměleckého snažení. Již krátce po začátku svého studia založil sdružení Kunstforum hase&moos e.V., které vedl se svou ženou Katharinou a několika dalšími studenty. Pod hlavičkou sdružení uspořádali řadu výstav mladých výtvarníků ve vstupní hale vlastního bytu. Vedle toho je činný jako hudebník a komik, který si píše vlastní kusy založené na typickém hornofalckém humoru. Zkrátka Dietlinger nepatří k nerozhodným váhavcům a jeho životní motto by mohlo znít „Everything is possible, if you want“.

Na závěr připomeňme, že Michael Dietlinger má k Čechám četné pracovní, studijní i přátelské vazby. Už před několika lety se zúčastnil mezinárodního sympozia linorytu na Klenové. V roce 2010 byl vybrán jako reprezentant norimberské akademie na přehlídku nejlepších diplomových prací evropských akademií START POINT, která se konala v Galerii Středočeského kraje v Kutné Hoře. A jeden semestr také strávil na partnerské akademii v Praze v ateliéru profesora Lindovského.

¹ Julian Spalding: The Eclipse of Art: Tackling the Crisis in Art Today
² Ernst Gombrich: Příběh umění

André Debus

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