Sonntag, 6. September 2009

Ausstellen gegen Bezahlung

Welcher Künstler kennt sie nicht, diese E-Mails? "Wir haben Ihre Bilder im Internet gefunden und sind so begeistert, dass wir Sie für unser geplantes Buchprojekt "Contemporary Art" ausgewählt haben. Darin präsentieren wir auf farbigen Doppelseiten herausragende Künstler. Die Bücher werden weltweit an Sammler, Kuratoren und Bibliotheken gegeben." "Wir beobachten Sie schon länger und freuen uns Ihnen ein Angebot für eine Ausstellung in unserer Galerie in Barcelona anbieten zu können." "Als einen ausgewählten Künstler laden wir Sie zur Florenz Biennale ein."...

Nach einem ersten Glücksgefühl stellt sich dann beim Durchlesen der Mail oder Homepage irgendwann Ernüchterung ein. Denn es handelt sich doch nur um ein kommerzielles Angebot. Ausstellen gegen Bezahlung.

Zuletzt habe ich ein solches Angebot von der einigermaßen anständig handelnden Agora Gallery aus New York erhalten. Zunächt hat Ihnen meine Homepage "so gut gefallen", dass Sie diese auf Ihrer Seite verlinkt haben und baten um einen Backlink. Natürlich habe ich mir die Seite angesehen und dann bemerkt wie es weitergeht. Nach einer Weile kommt dann ein Angebot den Link mit einem kurzen Fachtext von einem der angestellten Kunstkritiker versehen zu lassen, so dass er noch mehr ins Auge fällt und häufiger angeklickt wird. Gegen einen kleinen Verwaltungsobolus, versteht sich. Natürlich kann man auch in New York ausstellen - dass muss man sich dann aber schon zusammensparen...

Also bat ich die Galerie meinen Link wieder aus Ihrer Liste herauszunehmen, auch weil ich um meine Reputation fürchte. Hier muss ich gestehen, dass sich die Galerie als sehr persönlich erwiesen hat und den Link umgehend herausgenommen hat, sowie eine höfliche E-Mail sandte, in der sich eine Mitarbeiterin wegen der genauen Gründe bezüglich meines befürchteten Reputationsverlustes erkundigte. Daraufhin schrieb ich eine ausführliche E-Mail, in der ich meine Bedenken in Hinsicht auf solche Angebote beschrieb. Ich möchte diese Mail in Auszügen hier zeigen, weil mit diesem Text meiner Meinung nach die Grundzüge für anständiges Handeln zwischen Aussteller und Künstler dargelegt sind. Ich hoffe inständig, dass mehr Künstler erkennen, wie sie durch solche Systeme ausgenutzt werden und sich solchen Angeboten verweigern:

"Es gibt eine ganze Reihe von Galerien die gegen finanzielle Eigenbeteiligung Austellungsfläche anbieten, in Barcelona, London, Florenz. Die Namen dieser Galerien und Messen sind Insidern bekannt. Tauchen sie in einer Vita auf, wirkt dies auf den höheren Markt abschreckend. Dabei möchte ich betonen, dass ich Sie nicht auf eine Stufe mit der unteren Kategorie einiger dieser Abzocke-Galerien stellen möchte. Doch letzten Endes ist es auch bei Ihnen so - Sie sichern Ihren Verdienst beim Künstler ab. Mir widerstrebt dieses System, die Denkart die dahinter steht, denn der Künstler ist - sofern er wirklich gut ist - jemand der einer Gesellschaft einen geistigen Mehrwert gibt. Er ist nicht verpflichtet eine Galerie gegen zu wenige Verkäufe abzusichern. Allein der Rezipient und Käufer der Kunst hat die Finanzierung zu tragen. Natürlich bei freier Wahl. Ein Galerist muss eben die Balance zwischen Qualität und Abverkaufbarkeit gegenüber seinem Klientel finden, er hat das wirtschaftliche Risiko des Verkaufs zu tragen. Ein heikles Geschäft, welches aber mit einer hohen Qualität belohnt werden kann.

Ich habe mir stichprobenartig ein paar Ihrer Künstler besehen. Leider bestätigen diese die Vorurteile, die ich gegen Ihre Galerie hege. Es sind entweder Hobbyisten, die das entsprechende Kleingeld mitbringen um sich eine Ausstellung bei Ihnen leisten zu können oder Gescheiterte, Künstler, die kein Licht am Ende des Tunnels sehen und daher noch einmal alles in die Waagschale werfen um vielleicht doch noch zum Markterfolg zu kommen. Doch wenn jemand so gar nicht vom Markt entdeckt wird, ist das in unseren engen Systemen in Deutschland und den USA auch ein Hinweis auf mangelnde Qualität."

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Eine gute internationale Vernetzung auf verschiedenen Kunstplattformen hilft, sich über Galerien bei anderen Künstlern zu informieren. Ich bekam ein ähnliches Angebot aus London. Innert Minuten hatte ich einen (negativen) Erfahrungsbericht einer anderen Künstlerin in meinem Postfach. Meist reicht aber wirklich ein Blick in die Homepage aus!
E

Anonym hat gesagt…

Mieses Spiel mit der Hoffnung !
- André's Post ist sehr gut und wichtig- so etwas wird viel zu selten thematisiert und seine Haltung hierzu sollte als vorbildhaft gelten.
Leider ist es tatsächlich so, neben den ziemlich offensichtlichen Abzockern, scheint auch bei einigen bemühten Kunstvermittlern, das Modell einzuschlichen, dass sowohl Interessierte(Käufer) wie auch Künstler als Klienten betrachten sind.
Ich würde Andre's Statement fast komplett unterzeichnen nur ob der "Markt" als geeigneter alleiniger Indikator für "Qualität" gelten kann sei dahingestellt. Ich möchte nicht die viel zitierten Beispiele posthumer Qualitatsfeststellung nennen, denn dabei fängt mein Ohr an zu schmerzen.
Mit einen Kollegen habe ich oft lange, lange Diskussionen zur Frage was denn ein klares Qualitätsmerkmal sein könnte, leider fanden wir bisher keines außerhalb von Subjektivität.
Vielleicht hat sich durch die Demokratisierung der Kunst, die Quantität dessen, was zunächst mal außerhalb jeder Qualitätsdiskussion zu sein scheint, erheblich potenziert?
Vielleicht gibt es plötzlich auch nur zu viele "wahre" Künstler?
Ich weiß es nicht.

Rubin

André Debus hat gesagt…

Zitat:"Mieses Spiel mit der Hoffnung!" - Dass hast Du gut gesagt. Diese Anfragen apellieren an unsere Emotionen, da wir alle Hoffnungen und Wünsche in unsere Kunst stecken.

Was die Qualität angeht, in solchen Galerien ist oft ein guter Prozentsatz indiskutabel - auf einem erschreckend niedrigen Niveau. Aber natürlich sind auch hier Künstler mit an Bord, wo man geteilter Meinung sein kann. Bei aller Schwierigkeit Qualität zu klassifizieren, es gibt doch einen Bereich der so abfällt, dass man nicht darüber diskutieren muss.

Armin hat gesagt…

Mehr Selbstausbeutung als bei den Künstlern findet sich wohl kaum in einem anderen Beruf – Dank für den Hinweis.

meike hat gesagt…

du sprichst mir aus der seele, selbiges hab ich mir auch schon oft gedacht. bei mir ist erst vor ein paar tagen ein brief aus hannover in den mülleimer gewandert. mittlerweile sind auf den zug auch schon andere aufgesprungen bei dem in turnhallen exquisiete kunst(-flohmärkte)abgehalten werden...
vg,
meike

keiner hat gesagt…

die Liste ließe sich beliebig fortführen und auch auf andere Bereiche, wie z.B. Literaur erweitern, neben so genannten Pseudo-Galerien gibt es natürlich auch die Pseudoverlage, sicher existieren adäquat für die Musik- und oder Theaterbranche eben solche "Eventmöglichkeiten". Kürzlich las ich, dass jemand Kunstkritiken gegen Bezahlung schreibt, natürlich im Sinne des Künstlers, der diese Kritik dann für seine Vermarktung einsetzen kann. ist wirklich nicht zu begrüßen. Was ich nicht so unterschreiben würde ist eine generell minderwertige Qualität der in solchen Locations Ausstellenden. Es gibt überall gute Sachen zu finden, man muss die Augen offenhalten.

André Debus hat gesagt…

Danke für den Hinweis. Natürlich darf man die Kritik an Teilnehmern an solchen Angeboten nicht generalisieren.

Anonym hat gesagt…

Qualität, alles Quatsch. Wer ein Bild malt ist ein Maler und wer ein Bild malt und verkauft ist ein Künstler! Was am Ende bleibt zeigt die Zeit.
Vergest Kunsthistoriker und alle anderen Trittbrettfahrer! Kein Geld bezahlen um auszustellen!