Mittwoch, 20. Juli 2011

IN A LONELY PLACE, the monthly soup redux

Die c/o Berlin zeigt zwei neue Fotoausstellungen. Gregory Crewdsons "In A Lonely Place" inszeniert Großbildfotografien wie Filmstandbilder eines David Lynch Films. Die Stadt als Ort des Grauens, das unter der Oberfläche aus abblätternder Farbe von Holzhäusern, verrosteten, überalterten Schlachtschiffen der Landstraße und verlorenen Spielgeräten brodelt. Crewdson inszeniert seine Fotos aufwändig wie Filmsets. Auch die Größe der Abzüge/Ausdrucke nähert sich der Breitwandleinwand des im Verschwinden begriffenen Kinos, was dank des Großformatnegativs ohne Schärfeverlust möglich ist. Gregory Crewdson der Dinosaurier. Gregory Crewdson der Regisseur. Gregory Crewdson der Großmeister des fotografischen Horrors. (Sie merken, ich bin begeistert.)

Sibylle Bergemann hingegen lenkt den Blick auf das Kleinteilige, kaputte Fenster, zerstörte Türen, Kinder in Kleidern, die aus der Zeit gefallen, aus dem 19. Jahrhundert zu stammen scheinen. Das Ganze verwischt von der matten Farbigkeit des Polaroids, einer technischen Errungenschaft, die bereits vom Fortschritt wieder in den Orkus befördert worden ist, von Fotografen aber hochgeschätzt wurde. Sibylle Bergemann, eine der Begründerinnen der Fotoagentur Ostkreuz, sozialisiert in der ebenfalls in den Orkus gerutschten ostdeutschen Diktatur namens DDR (was heute keiner mehr wahr haben- die Diktatur), Modefotografen zeigt sich als Meisterin des kleinen Formats, ganz in Ergänzung der großen Crewdson Bilder.


Und jetzt noch zum Schluss- wie versprochen- die Fortsetzung der Soap, die immer noch zwischen dem israelischen Investor und der renommierten c/o auf kleiner Flamme köchelt. Der Investor, vom Baustadtrat unter Druck gesetzt (eine Lösung für die c/o, sonst keine Baugenehmigung), bietet der c/o an, Räume im Erdgeschoss zu erwerben. Als Rohbau, zum selber Ausbauen. Allerdings hochpreisig. Hochpreisiger als es der Markt in dieser Gegend eigentlich hergibt. Im Ergebnis würde die c/o der Quadratmeter 6000-7000 Euro kosten. Für den Preis (den sich eine kulturelle Institution selbstverständlich nicht leisten kann- das weiß der Investor auch) könnte die c/o eines der 300 m2 Penthouses vom Schweizer Luxusimmobilienentwickler Peach kaufen, die am Schiffbauerdamm direkt neben dem Berliner Ensemble entstehen. (Sie erinnern sich: Yoo, die Luxusimmobilie, deren Beschreibung mir nette Leserkritik einbrachte.) Bleiben Sie dran, bis die Werbung vorbei ist!

c/o Berlin
Gregory Crewdson. In a Lonely Place
Sibylle Bergemann. Polaroids
2. Juli - 4. September 2011
täglich 11 - 20h
Oranienburger Str- 35/36
10117 Berlin

Joas Sebastian Nebe

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