Montag, 14. Dezember 2009

Neue Leipziger Schule?

Was ist eigentlich aus der Neuen Leipziger Schule geworden? Ein Artikel von Matthias Weiß in der Novemberausgabe der Kunstzeitung brachte mir diesen längst vom aktuellen Tagesgeschehen verdrängten Hype zurück ins Gedächtnis.

Mal um eines vorwegzunehmen. Neo Rauch halte ich für einen bemerkenswerten Maler. Seine Retrospektive "Neue Rollen" in Wolfsburg eröffnete mir einen neuen Blick auf gegenständliche Malerei. Ich würde ihn aber mit Sicherheit nicht in eine Linie mit Gerhard Richter stellen wollen. Dessen innovatives Potential ist in unserer Zeit im deutschsprachigen Raum wohl unerreicht. Doch Neo Rauch hat durchaus Qualitäten und auch eine eigene Bildsprache, die für dass steht was wir als "Leipziger Schule" bezeichnen. Abzustreiten ist aber auch nicht, dass ihn seine engagierte Professur in der freien Arbeit zurückwarf. In der "Para"-Serie ist er zum Kopisten seiner selbst geworden. Allenfalls die handwerkliche Routine kann noch interessieren. Es bleibt abzuwarten ob er nach Aufgabe seiner Professur wieder mit freiem Kopf seine Arbeit entwickeln kann.

Überhaupt sind der Plagiatoren viele. Als ich das erste Mal einen Katalog von Tilo Baumgärtel in die Hand bekam brauchte ich etwas bis ich kapierte, dass es sich nicht um eine Auswahl zweitrangiger Arbeiten Neo Rauchs handelte. Sicherlich hat Baumgärtel eine Reihe guter Bilder vorzuweisen, aber sind sie von ihm? Oder nicht vielleicht doch vom Markt diktiert? Bei vielen seiner Werke drängt sich mir das Bild von Bewerbungsmappen psychisch labiler Kunststudienbewerber auf. In den Fundus der Kunstgeschichte werden solche Bilder gewiß nicht eingehen:Mal ehrlich - kann es sein dass man hier den einen oder anderen etwas überschätzt? Noch schlimmer wird es, wenn man den engeren Kreis um Rauch erweitert, z.B. um einen Peter Busch, dessen Arbeit im Großen und Ganzen allenfalls einem Kunststudenten der ersten Semester ehren würde. Immerhin wird auch er von der Galerie Kleindienst vertreten:Vielleicht sollten wir den Begriff "Neue Leipziger Schule" wieder vergessen und uns auf die innovativen Qualitäten der einzelnen Protagonisten konzentrieren. Sicherlich wird uns eine tabula rasa die Augen für diejenigen öffnen, die es wert sind im Kanon der bemerkenswerten deutschen Maler genannt zu werden. Beispielsweise für eine Henriette Grahnert (auch Galerie Kleindienst) die es versteht ideenreich und ironisch mit der Optik Leipziger Malerei zu spielen.

André Debus

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Sehe übrigens auch oft Richter-"Plagiate" in Ausstellungen(auch im Medium der Fotografie), vernebelte Bergdörfer und dergleichen, ganz zu schweigen von den grau gemalten Stadtaufsichten, wer öfter mal unterwegs ist weiß was ich meine.
Doch für die Nacheiferer sind die Autoren nicht verantwortlich.
Ansonsten finde ich es wenig sinnvoll Richter gegen Rauch aufzuwiegen.

Freilich nervt/nervte der Hype um die "neue Leipziger Schule" manchmal.

Wir wissen ja: "Alle kochen nur mit Wasser"
- doch Rauch wie Richter ziemlich heiß.
Es geht ja auch keiner her und sagt: Er würde Tom Jones mit Sicherheit nicht in eine Linie mit Jonny Cash stellen wollen, -,,,oder so.
;-)

Grusz,

Rubin

PS Oder kann man denn Berry White mit Joe Cocker vergleichen?- Den einen mag man vielleicht mehr, den anderen weniger.

André Debus hat gesagt…

@dyeve: thanks!

@Rubin: Es gibt einen greifbaren qulitativen Unterschied zwischen den beiden - so unterschiedlich auch die Welt ist in der sie sich bewegen. Und dass ist die ungebrochene Innovationskraft von G.R., die einem N.R. aktuell abgeht. Vielleicht fängt er sich ja auch wieder.

Solche Kriterien liegen über den Möglichkeiten die einem das Schubladendenken bietet. Vom Prinzip her gebe ich Dir recht. Aber bei so einem augenscheinlichen Unterschied kann man sich schon zu so einer Aussage hinreißen lassen.

Mit nettem Gruße

André

Anonym hat gesagt…

Was mir an so einen wertenden Vergleich zwischen den beiden missfällt ist, dass ich versucht bin Argumente gegen G.R. zu suchen, dabei sehe ich hierzu gar keine Veranlassung.
Stichwort: "Ungebrochene Innovationskraft", das ist richtig - und N.R. ist bestimmt nicht bestrebt das Tafelbild zu hinterfragen, indem er es laufend produziert.
...Doch ich finde genau hier fängt das "Schubladendenken" an.
Sorry, noch mal ein Vergleich aus der Musik, weil's so anschaulich ist:
Dob Dylan ist bestimmt ein guter Musiker und er hat viel zur "Bewegung/Zeitgeist" in den 60, 70er Jahren beigetragen, doch ich würde ihn nicht in eine Linie mit John Cage stellen, da dieser die Grundlagen der Musik hinterfragt hat.
-Das ist zwar richtig, doch wenn ich extra Cage heranziehen muss um Dylan zu kritisieren, klingt das, meines Erachtens schon ein wenig nach "Schubladendenken"- Denke einfach, beiden sind schon wichtig für die Musik des 2o Jahrhunderts.
- Um zu sehen, ob diese Analogie aufgeht müssen wir N.R. erst mal so alt werden lassen wie G.R. (oder zumindest mal, so alt wie Bob Dylan :-)
Und Erfreulicher Weise gibt es ja noch so, so viele andere interessante Künstler und Musiker!

mit netten Ahoi und freundlichen Gruß,


Rubin

Anonym hat gesagt…

eine leise arroganz und missgunst begleitet die kommentare von debus. man hat das fahle gefühl, dass er womöglich doch zu den grossen gehören möchte, leider fehlt noch einiges... das ist eigentlich schade. mehr sachlickeit und differenziertheit wäre korrekter;(//)

André Debus hat gesagt…

Haha, endlich mal jemand, der mir einen Spiegel vors Gesicht hält. Danke dafür. Selbst Rubin hat sich nur zu einer leisen Kritik hinreißen lassen.

Was wahr ist, Kritik an der "Neuen Leipziger Schule" zu üben ist auf dem gegenwärtigen Diskussionsstand eigenlich Leichenfledderei und zeugt daher tatsächlich von einem gewissen Maß an Missgunst und Arroganz.

Auch wahr ist, dass ich gerne zu den Großen gehören möchte, jeder Kollege der seine Meßlatte tiefer hängt ist mir in diesem Punkt suspekt. Wo sollen wir denn hinstreben, wenn nicht zur Innovation?

Leider muss ich auch eingestehen dass noch einiges bis dorthin fehlt.

Mehr Sachlichkeit und Differenziertheit ist eine Zeit- und Standpunktfrage. Da müsste ich wohl das Genre zur Kunstkritik hin wechseln, was nicht mein Ziel ist. Die negativen Ausfälle im Artikel sind allerdings polemisch und überspitzen die Situation. Natürlich haben Herr Baumgärtl und Herr Busch auch tolle Bilder gemalt. Aber es sollte sich hier um eine gezielte Übertreibung handeln, ein Kunstgriff mit dem ich in wenigen Worten auf die Spitze bringe was mich stört (siehe Zeitfrage).

Also bleibt mir nur, Sie in allen angeführten Punkten zu bestätigen. Danke noch mal für die klare Kritik! Ich denke darüber nach.

Anonym hat gesagt…

fiinde es ein wenig feige, dass der anonyme Schreiber wahrlich anonym bleibt, bin ihm aber dankbar das er nicht fälschlicher Weise mit "Rubin" signiert hat.

Denke, vielleicht gehört ja André Debus in gewisser weise zu den "ganz Großen" hält sich aber für einen der ganz ganz wenigen die das wissen. -Ja, ich denke so ist das aus Künstlersicht, gehe da von mir aus und finde das gar nicht arrogant, sondern viel mehr die Natur der Dinge.
Doch vielleicht zweifelt A.D. auch noch ein wenig und daher kommt das "gewissen Maß an Missgunst", was ich auch nicht schön finde. Zweifel an sich jedoch sind nie ganz verkehrt und auch angebracht, egal wie groß oder klein man ist, eigentlich schweben sie ja immer in einer, nur zu greifbaren Metaebene, da gehe ich auch wieder von mir aus. Finde es jedoch sinnvoller die daraus entstehende Energie nicht dafür zu verwenden den Finger zu erheben und auf andere zu zeigen, sondern zu versuchen sie seiner Arbeit Zugute kommen zu lassen.
(-; Dies wirkt zudem auch etwas edler ;-)
Und André, dass mit der Kunstkritik ist doch nicht dein ernst(?), gerade der Kritiker kann und soll es sich auch leisen die Energie, all seines Missbefindens, in die Kritik einfließen zu lassen.

Gruß,

Rubin